Chaos-Tage in Südafrika

In den letzten paar Tagen bzw. inzwischen Wochen haben sich die Dinge hier im Lande drastisch zum Schlechteren gewendet, was im wesentlichen auf zwei Faktoren zurückzuführen ist:

Zum einen hat Präsident Ramaphosa, wie angesichts der aktuellen Infektionszahlen gar nicht anders zu erwarten war, den vor zwei Wochen ausgerufenen Lockdown-Level 4 um weitere zwei Wochen bis zum 25.7. verlängert, womit die Bevölkerung erneut für Wochen „auf dem Trockenen sitzt“, da u.a. der Verkauf von Alkohol verboten ist, ganz abgesehen davon, daß die angeordnete Schließung vieler Geschäfte natürlich den ärmsten Teil der Bevölkerung am härtesten trifft. Niemand von denen hat Vorräte für mehrere Tage oder gar Wochen, viele leben schlicht von der Hand in den Mund. Und wenn diese Jobs wegfallen, weil ihre Arbeitgeber die Bude zumachen müssen, droht Hunger.

Zum Anderen hat sich, nach zähem Widerstreben, Ex-Präsident Jacob Zuma tatsächlich bei der Polizei gemeldet, um seine wegen Mißachtung des Gerichts verhängte 15-monatige Gefängnisstrafe anzutreten, was viele seiner Anhänger in den Reihen des ANC so gar nicht gut fanden. Die Social Media sind voll von Aufrufen und Kommentaren „Free Zuma“, und vorletzte Woche ist die Stimmung übelst gekippt, und was als Proteste angekündigt war, endete in heftigsten Ausschreitungen, Vandalismus und Plünderungen.

Montag morgen herrschte auf den Straßen gähnende Leere, Behörden und Geschäfte waren geschlossen, und es fühlte sich im wahrsten Sinne an, wie „die Ruhe vor dem Sturm“. Und der kam, mit Macht. Schon am Sonntag hatte es vereinzelt Berichte über Proteste rund um Pretoria und Johannesburg gegeben, doch am Montag lief die Sache dann aus dem Ruder und verlagerte sich zum großen Teil hierher nach KwaZuluNatal, Zumas Heimatprovinz. Die Hauptverkehrsadern N2 und N3 wurden durch Barrikaden an diversen Stellen blockiert, die N3 nach Schüssen auf vorbeifahrende Autos gesperrt. Richards Bay, Empangeni und die ganze Umgegend war weitgehend vom Rest der Welt abgeschnitten.

Innerhalb kurzer Zeit wurden aus anfangs friedlichen Protesten wütende Mobs, die randalierend durch die Straßen zogen, Banken und Autohäuser demolierten, die geschlossenen Malls stürmten, und anfingen, in großem Stil zu plündern. Wie es einer der Kommentatoren ausdrückte: „In den Innenstädten sind es überwiegend Studenten, die Schuhgeschäfte und Bekleidungsläden leerräumen, in den Vierteln mit hoher Armut werden meistens Nahrungsmittel und Spirituosen erbeutet, und im Zentrum sind diverse Möbelhäuser ausgeräumt worden.“ Im Netz kursieren Videos, in denen Plünderer ganze Kühlschränke samt Inhalt aus einer Mall in Duban schieben ebenso, wie das große Reifenlager von Dunlop komplett ausgeräumt wurde. Vieles ging anschließend in Flammen auf.

Die Polizei war mit der Situation von Anfang an heillos überfordert. Hier in KZN wurden ab Tag zwei ganz offiziell Freiwillige aus der Bevölkerung gesucht, die bei der „Verteidigung“ der Malls und Läden helfen wollten, was dann auch spontan zur Bildung von Bürgerwehren führte. Zwar unbewaffnet, stellten sie aber durch ire pure Anzahl immerhin ein Hindernis für die Plünderungswilligen dar und hatten in vielen Fällen Erfolg, „ihre“ Einkaufszentren zu beschützen. Drei Tage nachdem der ganze Schlamassel angefangen hatte, marschierte dann auch die Army auf und die Lage wurde etwas ruhiger. Wohl auch, weil niemand davon ausging, daß die Army wie zuvor die Polizei nur mit Gummigeschossen feuern wurde.

Inzwischen sind über 1230 Personen verhaftet und bestätigte 117 tot. Viele davon bei „Stampeden“ beim Sturm auf die Malls niedergetrampelt, einige erschossen, ein paar hat es beim Versuch Geldautomaten aufzusprengen erwischt. Polizei und Army sind dazu übergegangen, Häuser von Verdächtigen nach Raubgut zu durchsuchen, was zu wirklich skurrilen Situationen geführt hat. So fanden sich auf einem Feld bei Johannesburg hunderte von neuen Kühlschränken, Waschmaschinen und anderes Großgerät, die panisch dort entsorgt wurden.

Eine Woche lang befand sich Südafrika mehr oder weniger im Ausnahmezustand, und es fühlte sich wirklich bedrohlich an. Nachdem die Plünderungen ein Ende hatten, gab es für Tage kein Brot mehr, vor den wenigen Shops, die nach dem Chaos wieder öffneten, bildeten sich kilometerlange Schlangen, wie im Titelbild zu sehen.

Zwei Tage lang haben wir versucht, unsere Vorräte zu ergänzen und insgesamt rund acht Stunden vor dem PickNPay und der Inkwazi-Mall gestanden, nur um dann weitgehend leere Regale vorzufinden. Kein Brot, kein Mehl, kein Reis, Maismehl, Kartoffeln, Nudeln, Milch oder sonstige Grundnahrungsmittel zu finden. Bis die Straßen wieder freigeräumt waren und Lieferungen durchkamen, mußten wir zwar nicht gerade am Hungertuch nagen, weil durchaus noch etliches an Bord war, aber es ist schon echt ein Scheix-Gefühl, wenn man nicht weiß, ob man am nächsten Tag vielleicht endlich wieder Brot kaufen kann, und wie sich das ganze entwickeln würde.

Mittlerweile hat sich die Lage entspannt. Die Anstifter zum Aufruhr sind angeblich identifiziert und größtenteils verhaftet, die meisten Läden haben wieder offen, und wir haben in den letzten Tagen alles aufgestockt, was wir mutmaßlich unterwegs oder hier brauchen werden und was lange haltbar ist. Auch wenn die Brotauswahl immer noch eingeschränkt ist, es nur eine Standardsorte Reis im 2Kg-Beutel gibt und im PnP heute lediglich ein paar Chickenbreast-Filets in den Kühlregalen lagen, aber weder Beef, Pork oder Lamm zu haben war: Wir werden wohl klarkommen. Wenn sich die Lage dramatisch verschlechtert, werfen wir die Leinen los, und segeln woanders hin. Wo immer das dann auch sein mag …

Seit heute ist sogar das letzte Teilstück unserer Kuchenbude fast fertig und wir können die von Süden aufziehende Kaltfront etwas gelassener abwarten. „Fast fertig“ deswegen, weil einer der neuen Reißverschlüsse gleich im ersten Versuch aufgegeben hat. Da wird er nach Durchziehen der Front wohl nochmal nacharbeiten müssen, der Daniel. Abgesehen davon, ist der Zugewinn an Wohnqualität durch die Panels beachtlich. Auch wenn es nur 4qm mehr sind, ist es echt angenehm, auch bei Wind und Regen das Cockpit wie einen Wintergarten nutzen zu können.

Ansatzweise so, wie es mal gedacht war. Noch ein paar Druckknöpfe anbringen, und fertsch…