Mondpreise

Der heutige Aufsatz steht unter dem Thema: „Warum bin ich eigentlich in meinem früheren Leben nicht Hersteller von Yacht-Zubehör geworden und heute stinkreich?„.

Wie im letzten Blog angesprochen, ist das Projekt dieser Woche der Wassermacher. So ein Ding, umgangsssprachlich auch als „Meerwasser-Entsalzungsanlage“ oder „Umkehr-Osmose-Anlage“ bekannt, macht durch Osmose aus dem, bei einem Boot auf offenem Ozean normalerweise in ausreichender Menge vorhandenen, Salzwasser trinkbares Tasser an Bord und besteht im wesentlichen aus zwei Teilen: Einer Hochdruckpumpe , sowie einer  Membran in einem druckfesten Rohr. Dazu noch eine Menge Kleinkram wie Vorfilter, um den gröbsten Dreck von der diesbezüglich recht empfindlichen Pumpe fernzuhalten, Schläuche, Manometer  und ein paar Ventile, sowie eventuell eine Vorförderpumpe. Das Ganze gibt es von „total simpel und von Hand zu bedienen“ bis hin zu „automatisches Füllen des Wassertanks auf Knopfdruck“. Nächste künftige Ausbaustufe ist dann vermutlich sowas in der Art wie Jean-Luc’s Klassiker „Earl Grey, heiß“,  um eine Tasse Tee materialisieren zu lassen.

Nun ist das alles (ohne den replizierten Tee) keine Raketentechnik, sondern wird industriell für alle möglichen Zwecke eingesetzt. Die verwendeten Hochdruckpumpen finden sich in vergleichbarer Form in jeder Autowaschanlage wieder, und auch die Membranen sind inzwischen ein Großserienprodukt, das weltweit eigentlich nur von einem einzigen Hersteller produziert wird und in meiner benötigten Größe so um die 240,- USD kostet. (Es sei denn, man kauft es beim Hersteller des Wassermachers, wodurch sich der Preis spontan verdreieinhalbfacht)

Wie letztens erwähnt, fehlt bei meinem Watermaker die sogenannte „Booster-Pump“. Da meine Seafari-Anlage mit einer Technik zur Energie-Rückgewinnung (um den, auf einem Segelboot eigentlich immer knappen, Strom zu sparen) durch das an der Membran vorbeifließende Druckwasser ausgerüstet ist und daher mit deutlich weniger als dem normal üblichen Pumpen-Druck von 55bar* auskommen sollte, war ich davon ausgegangen, daß die in der Anleitung auch als „Feed-Pump“ bezeichnete Pumpe sowas in der Art wie eine ParMax5 Deckwaschpumpe oder ähnlichen Kalibers ist und die eigentliche Druckaufbereitung in dem geschlossenen Kasten mit der geheimnisvollen Bezeichnung „Energy Transfer Device“ (ETD) stattfindet, über dessen Wirkungsweise sich die Anleitung wohlweislich geflissentlich ausschweigt.

* der osmotische Druck von Salzwasser liegt bei ca. 30 Bar. Um, vereinfacht ausgedrückt, das Wasser vom Salz zu trennen, braucht man ungefähr den doppelten osmotischen Druck. Die meisten Anlagen arbeiten mit 55-58Bar Systemdruck.

So eine ParMax5 kostet normalerweise um die 180,-€, selbst hier im Shop hatten sie eine im Regal liegen, die mit gut 300,-€ zwar deutlich teurer als in Europa war, aber immer noch im Rahmen des Erwarteten lag. Dummerweise führte ein Blick in deren Bedienungsanleitung auf den ersten Blick zu der Erkenntnis, daß diese Pumpe nicht für den Dauereinsatz geeignet ist und maximal 15 Minuten am Stück laufen sollte, weil sie ansonsten überhitzt. Das macht in einem Gerät, das täglich zwei bis drei  Stunden  laufen soll, keinen Sinn, also brauchte ich eine Alternative.

Eine email an den Hersteller des WM in den USA verwies mich an den südafrikanischen Importeur, und nachdem ich den Samstag angemailt hatte, fand ich Sonntag morgen prompt eine Antwort im Posteingang. Gut, daß ich schon gefrühstückt hatte, bevor ich die Mails aufrief. Als ich den Preis für diese „Original Seafari Booster-Pump UW400“ las, wäre ich in spontaner Schockstarre fast von der Salonbank gekippt: 3.365,-USD plus Fracht (150,-USD) und Zoll/Steuer. Das ist nochmal ungefähr doppelt soviel, wie für eine handelsübliche (und mutmaßlich baugleiche) CAT-Pumpe mit 2.5gpm Förderleistung samt 250W-12V-Motor im (nicht-Yacht-) Handel aufgerufen wird. Die Differenz resultiert vermutlich daraus, daß sie sie umlackiert und „Seafari“ aufgedruckt haben, und daß es jetzt halt Original-Yachtzubehör vom Hersteller ist.

Denn das ist ja auch eine der Schweinereien der ganzen Yachtausrüstungs-Hersteller: In der Anleitung zu diesem Wassermacher steht an gefühlt mindestens 15 Stellen der mit feistem „Achtung!!!„-Signet versehene und fettgedruckte Hinweis:

Verwenden sie niemals, auf gar keinen Fall und unter keinen Umständen, andere als vom Hersteller angebotene Ersatzteile, Zubehör oder Verbrauchsmaterialien. Sie zerstören sonst unweigerlich und umgehend Ihren Wassermacher!!! Und selbstverständlich verwirken Sie dadurch Ihre Garantie!

Daß da nicht erwähnt wird, daß der dann spontan explodiert, einem die Splitter um die Ohren fliegen und das Boot sinken wird, ist eigentlich noch alles, was an Panikmache und Einschüchterung fehlt.

Der ideale Weg, um reich zu werden ist also, man kauft für vergleichsweise wenig Geld massengefertigte Industrie-Produkte ein, stellt sie in einer vorher nicht all zu verbreiteten Konstellation zusammen, klebt seinen Hersteller-Aufkleber drauf und sucht sich eine solvente Klientel, die gewillt ist, für Gadgets mit Nutzwert Geld auszugeben (Bootsbesitzer gehören in der öffentlichen Wahrnehmung zweifellos genauso in diese Kategorie wie Privatpiloten), macht ein Riesen-Gewese um die geheimnisvolle Technik und verkauft den Kram dann völlig überteuert an Kunden, denen man auf jeder zweiten Seite des Manuals eintrichtert, daß sie auf jeden Fall die genau so überteuerten Ersatz-, Zubehör- und Verbrauchsteile kaufen müssen, wenn sie das Ding nicht direkt kaputt machen wollen. Aftermarket-Umsätze gesichert…

nur mal so als Beispiel: HRO verkauft als Zubehör zu dieser Anlage ein Aktivkohlefilter-Set, damit das ohnehin Bakterien- und Virenbefreite Reinst-Wasser, das durch diese Membran lief, nun auch noch von eventuell auftretenden Gerüchen gereinigt wird, bevor es in den Tank läuft. Für schlappe 140,- USD. So ein Filtergehäuse kostet bei ebay keine 20,-€, und die Aktivkohlefilter gibt’s im 6er Pack (ein 6-Jahre-Vorrat) für zusammen 25,-€

Was also tun? Ich gebe zu, ich bin ein knickriger Mensch; die Garantie von diesem Ding ist seit 5 Jahren abgelaufen und alles in mir sträubt sich dagegen, völlig überteuerte Technik kaufen zu müssen, nur weil der Hersteller das so sagt. Dieser Wassermacher hat mich schon vor seiner Anschaffung diverse schlaflose Nächte gekostet, weil ich mit 550L nutzbarem Wasser in meinen Tanks vermutlich auch so über jeden Ozean käme und die Produktion von Trinkwasser an Bord reiner Luxus und gesteigerter Komfort ist, da Wasserbeschaffung abseits der Zivilisation sonst schon mal in Kanisterschlepperei ausarten kann. Gekauft habe ich ihn letzten Endes, weil er vergleichsweise wirklich billig angeboten wurde. (In den Mails vom Wochenende stellte sich raus, daß die Nachfolge-Anlage vom Hersteller mit identischer Leistung inzwischen für über $15.000,-USD verkauft wird. Die hier rumliegende kabelgebundene Fernbedienung gibt es lt. Preisliste dann allerdings nur gegen schlappe 369,- Aufpreis. )

Wenn ich nun also über 4.000,-USD für eine Pumpe,  die mit einiger Sicherheit erforderliche neue Membran, einen Dichtsatz und ein bischen Verbrauchsmaterial ausgeben soll, komme ich echt ins Grübeln, ob das für mich alles noch Sinn macht. Zumal diese Kiste dann mit 60L/h für mich allein eigentlich immer noch klar überdimensioniert, und von den Abmessungen her halt ein echtes Trumm mit gut 60Kg Gewicht  ist, bei dem ich mich schwer tue, überhaupt einen geeigneten Einbauort an Bord zu finden, ohne zwei Schränke zu zersägen.

Naja, mal sehen. Ein paar Anfragen laufen noch, vielleicht kommt ja noch irgendwas bezahlbareres dabei rum als das hier.