Durchblicke, Teil 2

Wie schon mal erwähnt, waren wir in erster Linie für vier Wochen hergekommen, um alle Fensterscheiben im Decksaufbau durch neue zu ersetzen. Aufgrund der Paket-Odyssee lagen wir zwar schon fast zwei Wochen hinter dem Zeitplan zurück, hatten  aber trotzdem in der zweiten Woche angefangen, die alten Scheiben auszubauen.

Wie sich dabei herausstellte, waren diese wider Erwarten nicht mit Sikaflex oder Panthera eingeklebt, sondern nur mit profanem Bad-Silikon abgedichtet. Erstaunlich genug, daß sie tatsächlich jahrelang dicht gewesen sind. Einerseits ließen sich die Scheiben dadurch natürlich deutlich leichter und fast zerstörungsfrei heraustrennen, als wenn sie mit Sika verklebt worden wären, andererseits ist die Beseitigung von Silikonresten von Flächen, auf denen künftig Sika verwendet werden soll, eine elende Plackerei und hat uns schlußendlich fast zwei Wochen lang beschäftigt. Erst dann waren die Klebeflächen soweit entsilikonisiert, daß ich davon ausgehen konnte,  die Sika-Verklebung würde auch tatsächlich halten.

Andi beim mühsamen Entfernen des alten Silikons

Die Material für die Scheiben hatte ich bereits im Februar bei Maizey’s bestellt und mir das Anfang April noch einmal per email bestätigen lassen. Am Montag nach unserer Ankunft waren wir erstmals dort, um die Scheiben nach den noch einmal vor Ort kontrollierten Maßen grob zuschneiden und liefern zu lassen. Aber, schließlich sind wir hier in Afrika: Es dauerte danach noch fast eineinhalb Wochen, bis sie tatsächlich eines Morgens geliefert wurden, wobei dann prompt eine davon nur halb so groß war wie bestellt und eine weitere komplett fehlte. Die wurden auf meinen Protest hin immerhin am nächsten Tag nachgeliefert.

Tröstlich dabei war lediglich die Tatsache, daß die Pakete mit dem Frästisch und dem weiteren Werkzeug ohnehin noch nicht da waren und wir eh nix hätten ausrichten können, wobei allerdings auch dieser Umstand letztlich der afrikanischen Mentalität geschuldet war:

Statt die Pakete tatsächlich an der Rezeption des ZYC abzuliefern, wurde lediglich der Online-Status auf „could not deliver“ gesetzt und die Pakete verschwanden von der Bildfläche. Nachdem ich dann zwei Tage damit verbracht hatte, bei der örtlichen DHL-Dependence und diversen Postämtern rumzufragen, fand eine sehr hilfsbereite Mitarbeiterin im Hauptpostamt meine Pakete im Lager des Postamtes von Meerensee wieder.

Die dortige Leiterin tröstete uns mit dem Spruch „ach, das ist fast der Normalfall. Wenn die DHL-Fahrer nicht genau wissen wohin damit oder gar eine „Auslieferungsgebühr“, von in diesem Fall 30ZAR pro Paket zu erheben ist, geben sie die Dinger einfach im nächsten Postamt ab“. Hakuna Matata …

Auch der Karton Sikaflex 295UV samt zugehörigem Primer, den ich beim Shop auf dem Marinagelände gleich am Tag nach unserer Ankunft bestellt hatte, brauchte eine gute Woche bis zur Lieferung.

Sei’s drum: Nachdem Scheiben und Werkzeuge endlich eingetrudelt waren, ging ich daran, mit den inzwischen ausgebauten alten Scheiben als Vorlage die Rohlinge zu bearbeiten. Andi hatte zwischenzeitlich, aus um das Boot verstreut liegendem Schrott, einen Arbeitstisch gebastelt, so daß ich immerhin nicht auf Knien unterm Boot arbeiten mußte. Während Andi sich der Entsilikonisierung der Klebeflächen widmete, sägte und fräste ich die Scheiben auf Maß, versah Ober- und Unterkanten außen jeweils mit einer schicken 45°-Fase und bohrte jede Menge Löcher für die Schrauben.

Der Skipper beim Fräsen der ersten Seitenscheiben
Der Skipper beim Fräsen der ersten Seitenscheiben

Die ganze Aktion beschäftigte uns über fast zwei Wochen, so daß ich allmählich doch ein wenig unruhig wurde, weil uns die Zeit davonzulaufen drohte. Am 14.5. waren wir endlich soweit, daß  wir die neuen Fenster einbauen konnten, also klebten wir die Flächen ab, primerten alle Scheiben und waren guter Dinge, sie am Sonntag nun nach dem sechsten oder siebten Mal provisorischen Ein- und Wiederausbaus endlich endgültig einbauen zu können.

Hätte auch fast geklappt, wenn nicht die Mädels vom Marinashop mir unbemerkt den falschen Typ Primer in die Hand gedrückt hätten, als ich das Sikaflex abholte. Wie sich zeigte, konnte man den ordnungsgemäß applizierten Primer nach ein paar Stunden mit simplem Klebeband einfach so von den Scheiben „abpflücken“, da er keinerlei Verbindung mit dem Polycarbonat eingegangen war. Gnaaaahhh !!

[lapidarer, wenn auch unabhängig voneinander übereinstimmend dazu geäußerter Kommentar von Kirsten, Morgan und Johan: „Welcome to Africa“).

Manchmal läßt sich wirklich nicht verleugnen, daß Südafrika trotz aller Bemühungen eben immer noch ein dritte-Welt-Land mit allen dazugehörigen  Unzulänglichkeiten ist.

Ich habe mich dann mit Morgan darauf geeinigt, daß er passenden neuen Primer bestellt und seine Leute nach unserer Abreise die Scheiben fertig einbauen. Das war zwar nicht der eigentliche Plan, aber was soll’s, Hauptsache die Dinger sind dann irgendwann drin und dicht …