Nachdem ich Anfang Juli nach einer Woche des Fotografierens und Ausmessens an Bord wieder zu Hause in Deutschland eingetrudelt war, hatte mich der Büro-Alltag prompt innerhalb kürzester Zeit wieder fest im Griff. Ich hatte mir allerdings, um die Zeit der Abwesenheit vom Boot nutzen zu können. ein bischen „Arbeit mit nach Hause genommen“, u.a. eine der sechs Lewmar Portlight-Luken, die nach über zwanzig Jahren inzwischen durch Spannungsrisse alle einigermaßen blind geworden waren.
Ursprünglich hatte ich vor, die in Deutschland lasern zu lassen, und mir erstmal ein CAD-Programm runtergeladen, um eine einigermaßen präsentable Vorlage zu erstellen.
Aber natürlich hatte die auserkorene Fa. am Vortag meines Bestellversuchs gerade ihren vierwöchigen Betriebsurlaub angetreten und sah sich außerstande, meine Anfrage zeitnah zu bearbeiten. Also: auf zu Plan B, 8 Rohzuschnitte in 8mm Acrylglas bestellt, die Oberfräse angeworfen und selbst Hand angelegt
Abgesehen davon, daß diese Aktion sicher nennenswert günstiger kam als sie einfach lasern zu lassen, hat es richtig Spaß gemacht, auch mal wieder was handwerkliches zu gestalten.
Da mich Dylan in der Zwischenzeit mit einem eingeholten Angebot über die Erneuerung sämtlicher blind gewordener Front- und Seitenfenster geschockt hatte (die angefragte südafrikanische Firma war der Meinung, entgegen den eigentlich angefragten Scheiben in 6 (wie vom Werk verbaut) oder alternativ in 8mm Lexan D solche in 9.5mm Lexan Margard anzubieten, was die Gesamtsumme incl. Montage ‚mal eben‘ auf schlappe 75’000ZAR [=5.300,-€ Euro} gepushed hätte), werde ich die dann wohl eher auch selbst anfertigen und einbauen. Für die Differenz kann ich auch meinen 1.O. Andy mitnehmen, ihm drei Wochen „Urlaub“ in Südafrika spendieren und das Problem in der Zeit mit ihm zusammen angehen .
Noch ein Wort zur Materialstärke: Der bereits erwähnte Jeurp, der mit seiner Goody vor ein paar Jahren einmal rundum gesegelt ist, erzählte auf Nachfrage, er habe sich hinter seinen serienmäßigen 6mm-Scheiben nie unsicher oder unwohl gefühlt. Insofern schätze ich, 8mm sollten für die Sicherheit wohl ausreichen. Sollte ich auf See jemals in die Lage kommen, daß das Wasser die Seitenscheiben einzudrücken droht, habe ich vermutlich schon vorher ganz andere Probleme als unzureichende Materialstärke der Fenster…
Auch die Decksluken sind nicht mehr wirklich toll, mal ganz abgesehen davon, daß sie mit Acrylglas-Scheiben von gerade mal 4.5mm gebaut und mit außen liegenden Scharnieren aufs Deck geschraubt wurden. Wer immer das konstruiert hat, ist offensichtlich weder davon ausgegangen daß das Boot jemals in schweres Wetter auf See kommen könnte, noch hat er einen zweiten Gedanken an die Einbruchssicherheit verschwendet. Das bedarf dann wohl auch ein wenig der Überarbeitung.
Fünf Tage sind vergangen, seit ich von der Imvubu Lodge umgezogen bin in die Thelxinoe. Zwischenzeitlich habe ich die Ein- und Ausrüstung um diverse Gegenstände des täglichen Lebens ergänzt, einige nette Clubmitglieder des Zululand Yacht Clubs kennengelernt und mich einigermaßen an Bord eingelebt. Abgesehen davon, daß die Toilette natürlich nicht benutzbar ist weil das Boot nach wie vor an Land steht, und ich den Kühlschrank nach der ersten Testnacht wieder abgestellt habe, weil er permanent 10A aus meinen Batterien saugt, ohne wenigstens für adäquate Temperatur zu sorgen, habe ich hier inzwischen fast genau soviel Komfort wie im Chalet der Lodge. So wollte ich das haben
Die Wassertanks habe ich unterdessen an der vermuteten Stelle in den beiden Kielen gefunden und einer ersten Inspektion unterzogen, soweit das durch den minimalistischen Zugang möglich war, mich dann aber entschlossen, für den Moment lieber erstmal den an Bord befindlichen 20l-Wasserkanister zu reinigen und an die Fußpumpe in der Pantry anzuschließen. Für den Geschirrabwasch ausreichend, mein Trinkwasser für Kaffee, Cappucino & Tee und zum Zähneputzen kaufe ich lieber in 5l-Flaschen im Supermarkt, statt Diarrhöe zu riskieren. Irgendwann wird noch ein Watermaker eingebaut, dann werden auch die beiden eingebauten 300L-Tanks wieder reaktiviert.
Der eingebauten Gas-Anlage (an der Herd/Ofen und Kühlschrank hängen) traue ich auch noch nicht über den Weg, die soll sich erstmal jemand ansehen, der sich mit sowas auskennt. Da, wie nicht anders zu erwarten gewesen war, natürlich an Tag 3 meines Bordlebens die einzige vorhandene Kartusche des von Clubkamerad Kirsten zur Verfügung gestellten Camping-Kochers verbraucht und in ganz Richards Bay kein Nachschub mehr aufzutreiben ist, ich dafür aber dank freundlicher Unterstützung von Hafenmeister Jannie nunmehr immerhin Strom aus dem Landanschluß habe, sah ich mich genötigt, die Bordausstattung um einen elektrischen Wasserkocher und einen Toaster zu erweitern, um wenigstens den Kaffeenotstand zu verhindern und das hier käufliche Weißbrot vom pappigen in einen eßbaren Zustand zu versetzen.
Den Mittwoch verbringe ich zum guten Teil damit, die vortags angelieferten Batterien einzubauen und zu verkabeln. Entgegen aller Befürchtungen ist die an Bord befindliche Elektro-Anlage ganz offensichtlich von jemandem konzipiert und eingebaut worden, der wußte was er tat. Ich hatte da, ehrlich gesagt, so meine Zweifel gehabt und bin echt positiv überrascht. Wenn die sauber auf Hutschienen verdrahteten und mit Automaten abgesicherten Kabel nun nicht nur nummeriert, sondern aussagekräftig beschriftet worden wären, wär’s fast perfekt. Aber vielleicht kann ich ja irgendwo noch ein Manual ergattern, in dem die Zuordnung aufgedröselt wird. Ansonsten wird halt mal ein Tag für die Kabelverfolgung mit dem Multimeter verwurstet werden müssen, wenn ich das nächste Mal wiederkomme.
Sogar der eingebaute rudimentäre Batteriemonitor funktioniert, nachdem ich den zugehörigen Shunt neu verdrahtet habe und zeigt mir an, daß die beiden Solarpanels auf dem Geräteträger wohl das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben (oder schlicht nix taugen). Auch nach einer Intensiv-Reinigung geben sie bei wolkenlosem Himmel nie mehr als 2.5A her, woran auch der Tausch des vorhandenen Reglers gegen meinen mitgebrachten Victron 30A MPPT-Reglers nichts ändert und was mir bei einer Panel-Fläche von 2.40m x 0.6m doch etwas arg wenig vorkommt. Aber nun ja; neue Panels sollten eh bestellt werden und für die paar Tage jetzt wird’s auch so gehen.
Der Windgenerator sah ja auf den zugesandten Bildern schon arg zerrupft aus, weswegen ich zwar einen Satz neue Blätter und eine neue Nabe samt Nase mit eingeflogen hatte; trotz der optisch gelungenen Wiederbelebung verweigert er aber unterhalb von 25kts Windgeschwindigkeit jede Mitarbeit. Nachdem ich ihn Donnerstag abgebaut und zerlegt habe, weiß ich auch warum: Die eingebauten Lager fühlen sich beim Drehen so an wie das Zahlenschloß eines Tresors. Kein Wunder, daß das Ding bei wenig Wind nichts tut.
Freitag ist der erste Tag in diesem Urlaub, an dem ich mal einen südafrikanischen Sonnenaufgang zu Gesicht bekomme, statt erst wie sonst gegen 10h aus meiner recht bequemen Koje zu steigen:
Für den Vormittag hat der Clubvorstand ein außerordentliches „Ballot-Meeting“ angesetzt, bei dem eine 4-köpfige Vorstandsdelegation in meiner Anwesenheit darüber zu befinden hat, ob ich der Aufnahme in den Zululand Yacht Club für würdig erachtet werde. Großartige Zweifel hatte ich daran zwar auch schon vorher nicht, zumal ich mich extra die ganze Woche lang zusammengerissen und anständig benommen hatte :-), und 5 Minuten nach Beginn des Meetings werde ich erwartungsgemäß als neues Clubmitglied willkommen geheißen und freue mich über einen Club-Stander, der mir von ex-Commodore Kirsten und Schriftführerin Olga überreicht wird.
Ich bin im ganzen Leben noch nicht Mitglied in einem Bootsclub, geschweige denn in einem Yachtclub gewesen, weil mir die damit üblicherweise oft einhergehende Vereinsmeierei grundsätzlich auf den Senkel geht, und wenn die Mitgliedschaft nicht Voraussetzung für den geplanten längerfristigen Verbleib der Thelxinoe hier auf dem Clubgelände gewesen wäre, wäre ich mutmaßlich auch nicht auf die Idee gekommen, einem Club beizutreten, der Tausende Km von meinem Zuhause entfernt residiert, aber schon die erste Woche hier habe ich mich gut aufgehoben gefühlt und somit werde ich den Clubstander des Zululand Yacht Clubs gern unter der Saling fahren, sobald ich denn mal irgendwann tatsächlich in See steche.
Das i-Tüpfelchen der Woche: Da mein neues temporäres Zuhause auf einem Yachtclub-Gelände liegt bleibt es nicht aus, daß hin und wieder mal ein Clubmitglied segeln geht, und so komme ich einigermaßen unverhofft zu meinem ersten Segeltörn auf einem Dean-Katamaran, wenn auch nicht meinem eigenen:
Jeurp, ex-Weltumsegler mit aktuellem Wohnsitz in einem Waterfronthome direkt auf der anderen Seite des Hafens lädt mich spontan ein, Abends eine Stunde mit seinem Dean 33 Goody mitzusegeln, was ich natürlich begeistert annehme. Gegen 17h holt er mich mit dem Dinghy am Steg ab, wir motoren mit der Goody die 2Km bis zur Hafeneinfahrt und segeln bei kaum Wind die folgende Stunde wieder zurück. Goil, das war einfach. Nix, was ich nicht auch selbst könnte
Zugegeben, der Untertitel des Blogs ist momentan noch reines Wunschdenken. Vor 2018 wird das mit dem „living on two hulls“ im permanenten Sinne mutmaßlich nix werden. Trotzdem richte ich mich bis Montag zumindest schonmal soweit ein, daß ich auf dem Boot die nächsten paar Tage einigermaßen komfortabel wohnen kann. Bettzeug für ein Bett, ein Teller, eine Tasse, zwei Gläser (davon eins natürlich ein Weinglas :-), eine Pfanne und ein Camping-Kocher der gleichen Bauart, wie ich sie schon in den letzten 5 Jahren auf den Ganymeds fast ausschließlich verwendet habe, reichen für einen Start in das neue Campingleben an Bord zunächst mal völlig aus.
Die bestellten Batterien werden, fast pünktlich mit nur einem Tag Verspätung, am Dienstag kurz vor 17h angeliefert und von mir ins Boot gewuppt, so daß ich nach einer provisorischen Anschlußaktion von wenigstens einer davon im Schein einer Taschenlampe zumindest schonmal Licht habe.
(wie schon erwähnt: Auf der Südhalbkugel ist gerade Winter und um 17:30 ist es hier stockfinster)
Die allein lichtspendenden vier 8W-Neonröhren im Salon verleihen diesem zugegebenermaßen die Wohnlichkeit einer möblierten Doppelgarage, die ohnehin geplante Umstellung auf LED-Beleuchtung rutscht in der Priorität auf meiner virtuellen to-do-Liste spontan mächtig weit nach oben.
Ein Vorwort: Da ich es vor meiner Abreise zur Erstbesichtigung nach Südafrika blöderweise verpennt hatte, mir das Passwort dieses Blogs aufzuschreiben, war ich leider auch nicht imstande, die Beiträge taggleich hochzuladen und mußte das im Nachhinein erledigen.
Ein Nachtrag zum Vorwort: Da ich es nach meiner Rückkehr blöderweise übersehen hatte, daß man sehr wohl auch im Nachhinein editieren und auch das Erstellungsdatum wunschgemäß redigieren kann, erkläre ich den vorherigen Satz hiermit für ungültig, weil es ohne ihn gar keiner gemerkt hätte
Richards Bay, 29.06.2015
Tja, da bin ich nun also: Gute drei Jahrzehnte nach meinem letzten Aufenthalt in Südafrika, komme ich am 25.6. gegen Mittag nach insgesamt fast 25h Reisedauer mit Bahn, Flugzeug und Mietwagen in Richards Bay in der Provinz Kwazulu-Natal am Indischen Ozean an, um einen ersten „echten“ Blick auf die künftige Thelxinoe zu werfen, die momentan noch mit dem am Heck prangenden Namen Orcinus II an Land im Zululand Yacht Club steht und die ich bislang lediglich von fast 200 Fotos her kannte. Wie schon die letzten 4 Boote, hatte ich auch Thelxinoe unbesehen gekauft und stehe nun mit dem selben, leicht mulmigen aber letztlich doch positiven Gefühl froher Erwartung vor meinem künftigen neuen Boot wie die letzten Male auch.
Der erste Eindruck bestätigt die Fotos: Für seine 23 Jahre sieht das Boot doch noch recht brauchbar aus. Klar, es ist ein gebrauchtes Boot, an dem die zwei Jahrzehnte Nutzung natürlich nicht spurlos vorüber gegangen sind, aber das wußte ich ja schon vorher.
Da das Boot seit gut zwei Jahren unberührt an Land steht, nachdem der letzte Käufer seine Pläne eines kompletten Refit wohl aufgrund fehlenden technischen Verständnisses und mithin auch allmählich versiegender finanzieller Resourcen aufgegeben hatte, sind natürlich die Batterien tot, die Wassertanks bzw. deren Inhalt in einem fragwürdigen Zustand und absolut keinerlei Ausrüstung oder Einrichtungsgegenstände an Bord, und so verbringe ich die ersten vier Nächte wie geplant in einem Chalet der Imvubu Lodge einen Kilometer Luftlinie vom Yachtclub entfernt, statt direkt an Bord einzuziehen.
Die Chalets sind einfach aber zweckmäßig eingerichtet und liegen in einem Waldstück direkt am Indischen Ozean. Die Tierwelt in der Anlage ist überschaubar: Frank, das Hauskrokodil läßt sich nicht blicken, und außer einigen Mosquitos, einem vorbei spazierenden Mungo und jeder Menge gefiederter Viecher schauen lediglich hin und wieder ein paar Affen vorbei und turnen ungerührt 3m vor meiner Nase auf meinem Mietwagen rum, während ich auf meiner Terasse Cappucino schlürfe.
Die ersten drei Tage bringe ich damit zu, eine Grundausrüstung an Bettzeug, Geschirr, Pött&Pan und Lebensmittel einzukaufen, vier neue deepcycle-Batterien zu bestellen, mich ein wenig in der näheren Umgebung umzusehen und ansonsten einfach den ersten Urlaub seit über einem Jahr zu genießen. Und das, obwohl Winterurlaub nun eigentlich so gar nicht mein Ding ist, im tiefsten südafrikanischen Winter bei Tagestemperaturen von angenehmen 25°C, während in Deutschland die Temperaturen zwei Tage nach meiner Abreise auf fast knapp 40°C klettern.
Nun also ein Blog. In meinem bisherigen Leben als Bootsbesitzer habe ich mich ja darauf beschränkt, hin und wieder mal ein wenig an meiner Homepage rumzubasteln, wenn es denn was neues zu erzählen gab.
Da Thelxinoe geplantermaßen mein vorerst letztes Boot sein soll, und im geplanten Fahrgebiet der Zugang zum „normalen“ Internet wohl doch eher eingeschränkt sein wird, habe ich mich entschlossen, stattdessen sowas wie ein Tagebuch zu führen. Wer Spaß am Lesen von Seglerblogs hat sei hiermit eingeladen, von Zeit zu Zeit mal einen Blick hineinzuwerfen. Have fun!
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