Anstelle von endlose Weiten bis zum Horizont um uns rum, leben wir jetzt sozusagen „auf’m Berg“. Das mit dem im letzten Beitrag noch optimistisch avisierten vielleicht schon die Woche nach Ostern einziehen hat zwar, wie heimlich schon befürchtet, nicht wirklich funktioniert, aber immerhin: Wir sind vor vier Wochen tatsächlich umgezogen. Natürlich noch nicht vollständig eingerichtet, aber so langsam wird es.
Unter dem Gesichtspunkt, was es allein für ein Gestresse war, nur ein schon fertiges Haus zu kaufen, bin ich im nachhinein ganz froh, daß wir nicht wirklich angefangen haben zu bauen wie ursprünglich mal angedacht. Muß ich echt nicht mehr haben …
Und wie isses nun so, das neuerliche Leben an Land? Tja … die ersten paar Tage waren durchwachsen. Erstmals seit ich hier lebe, geht mir das sogenannte Loadshedding hierzulande doch gehörig auf den Zeiger:
Südafrika hat ein heftiges Stromproblem. Das ist nichts neues, sondern wurde eigentlich schon 2007 akut. Eskom, der staatliche Stromversorger, wird seit Jahrzehnten von allen möglichen Seiten her ausgeplündert, die Infrastruktur ist marode und die Kraftwerksleistung ohnehin nicht ausreichend, weil die Regierung jahrelang nichts ernsthaftes unternommen hat, um das seit mindestens 1998 erkannte Unterversorgungsproblem zu lösen, somit wird abhilfsweise seit Jahren regelmäßig Ortsteilweise für zwei bis zwölf Stunden täglich das Stromnetz abgeschaltet, je nachdem, wie dramatisch die Lage gerade ist, und wo man wohnt. Beschwichtigend umschrieben mit „Loadshedding“ (Lastverteilung) in verschiedenen Stufen. Zu festgelegten Zeiten macht es „Zapp“, und der betroffene Stadtteil ist duster.
Die Jahre in Richards Bay, und das letzte Jahr in Durban, bewegten wir uns üblicherweise in Stage 1 oder 2, was dann zwei Stunden Stromausfall alle zwei Tage bedeutete, wenn die Kapazität nicht ausreicht. In Johannesburg/Pretoria ist zur Zeit Stage 8 angesagt, was vier mal zwei Stunden loadshedding pro Tag (!) heißt, und wenn man als kleineres Unternehmen mit Maschinenpark Pech hat, dann geht das Netz halt morgens um 7h offline, und man kann den ganzen Tag über eigentlich nur Däumchen drehen, sofern man nicht rechtzeitig in einen eigenen Generator investiert hatte.
Die großen Unternehmen haben in den vergangenen Jahren zweifellos entsprechende Systeme nachgerüstet und können die Stromausfälle kompensieren und weiterarbeiten, für einen großen Teil der Klein-Unternehmen mit eingeschränkten bis kaum vorhandenen Investitionsmöglichkeiten sind die andauernden Einschränkungen allerdings inzwischen echt existenzbedrohend oder machen den Weiterbetrieb zumindest unwirtschaftlich, zumal der Sprit für die Generatoren eine ähnliche Preisentwicklung durchlaufen hat, wie in Deutschland auch.
Private Haushalte kommen zwar nicht direkt in Schwierigkeiten durch fehlenden Strom, überaus lästig ist es aber trotzdem, wenn man morgens weder Kaffeemaschine noch Toaster benutzen kann oder weder E-Herd noch Fernseher funktioniert, wenn man abends nach Hause kommt. Kein Wunder, daß laut einer Meldung von vorgestern die größten oder einzigen Profiteure der Loadshedding-Misere Restaurants und Imbißbuden sind. Wenn man zuhause nicht kochen kann, geht man eben auswärts essen oder holt sich was.
Wenn man, wie wir, 5kWh in Lithtium-Akkus und einen Inverter an Bord hat, muß einen so ein regelmäßiger Blackout ja erstmal nicht weiter stören. Abgesehen davon, daß wir in der Zeit jeweils halt nicht elektrisch gekocht haben und der Inverter blöderweise knapp zu klein dimensioniert war um einen elektrischen Wasserkocher zu betreiben und wir unseren Kaffee dann halt auf dem Gasherd gekocht haben, hat uns das herzlich wenig eingeschränkt. Schalter umgelegt, und für alles andere inclusive Werkzeuge, PCs und Ladegeräte war Strom hinreichend verfügbar.
Hier im Haus allerdings gibt es derzeit weder Solarpanels noch Batterie-Backup samt Inverter oder gar einen Generator, so daß man während der loadshedding-Phasen Nachts halt im Dunkeln sitzt. Aber … Not macht ja bekanntlich erfinderisch, und ich weiß zwar nicht, ob diese Dinger tatsächlich hierzulande erfunden wurden, aber vorgestern habe ich im örtlichen Baumarkt das hier gefunden:
Normal aussehende 3/5/7W LED-Einsätze für Deckenstrahler mit integriertem Akku. Der wird automatisch geladen solange halt Strom da ist und reicht dann immerhin für drei Stunden aus, um nicht jede Nacht im Dunkeln rumtappen zu müssen. Habe jetzt erstmal ein halbes Dutzend im Haus verteilt. So richtig befriedigend ist das allerdings trotzdem nicht, also werde ich wohl irgendwann noch in ein paar Batterien und einen Inverter plus ggf. ein paar Solarpanele investieren. Immerhin: Das ganze Haus war bereits durchgehend auf LED-Beleuchtung umgerüstet, als wir einzogen. Mal sehen, wie die erste Stromrechnung aussieht …
Darauf zu hoffen, daß das Problem von der Regierungs- oder Unternehmensseite halbwegs zeitnah gelöst werden könnte, erscheint einigermaßen müßig: Fast 85% des südafrikanischen Stroms wird durch Kohlekraftwerke erzeugt, die meisten davon über 50 Jahre alt und knapp vor dem Ende ihrer Lebenserwartung, mit zunehmenden, altersbedingten Ausfällen.
Zu Beginn der Covid19-Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen und geringerem Stromverbrauch gab es tatsächlich mal Phasen, in denen Loadshedding gar kein Thema war, schlicht weil viele Betriebe einfach dichtgemacht waren. Nachdem in 2021 dann aber gleich 8 Kraftwerke ausgefallen waren, verschärfte sich das Problem ziemlich deutlich. (In 2023 war an immerhin 151 von 159 Tagen loadshedding angsagt, wie ich kürzlich gelesen habe).
Gerade mal 0.2% des Strombedarfs kommen immerhin schon aus Windkraftanlagen und 2% aus Wasserkraftwerken …
Nachtrag eine Woche später: Inzwischen hat sich die Situation weiter verschlechtert und es ist landesweit „Stage 6“ ausgerufen. Wir sitzen somit jeden Tag zweimal zwei Stunden ohne Strom da und sind genervt. Das Batterie-/Inverter-Backup rutscht auf der Prioritätenliste kontinuierlich weiter nach oben ..
Davon mal abgesehen, hat so ein Leben an Land durchaus auch seine positiven Seiten: Wir leben hier derzeit recht entspannt, renovieren jeden Tag so ein bischen vor uns hin und richten uns ein, haben inzwischen den größten Teil der zu tätigenden Anschaffungen hinter uns gebracht, und so allmählich wird die Hütte wohnlich.
Einen zählbaren Vorteil hat es zugegebenermaßen, nicht mehr in Deutschland zu wohnen: Die knapp 3.000€ für Heizöl, die ich für mein Haus dort im Schnitt der letzten Jahre ausgeben mußte, könnte ich hierzulande in irgend etwas sinnvolleres investieren, anstatt sie durch den Schornstein zu blasen. Zentralheizungen oder gar Fernwärme sind hier in der Gegend eher etwas Unbekanntes, und selbst ein Kamin oder Kachelofen findet sich nicht überall. Wir haben jedenfalls auch (noch) keinen. Wer wirklich heizen muß, tut das gemeinhin elektrisch (so denn Strom da ist …)
Bislang habe ich einen Kamin allerdings auch noch nicht so richtig ernsthaft vermißt, da die Temperaturen trotz derzeit herrschendem Winter tagsüber immer noch auf über 20-25°C klettern und es nur nachts etwas maikühl wird. Eine nette Ergänzung wäre so ein Kamin natürlich. Und falls wir die oben angesprochene Batterielösung durchziehen, werden wohl auch ein paar Solarpanele und Solarthermie aufs Dach kommen:
Durban hat laut Statistik durchschnittlich 2700 Sonnenstunden pro Jahr, das sind immerhin über 1200 mehr als vorletztes Jahr in Niedersachsen, was die ganze Sache dann doch deutlich ergiebiger gestaltet. Solarbetriebene Warmwasserboiler werden hier üblicherweise direkt auf’s Dach gebaut und kosten nicht die Welt. Und wenn wir dann noch einen Gasherd in die Küche stellen anstatt elektrisch zu kochen, sollten wir mit 4-5kWp an Photovoltaik, 5kW Speicher und passendem Inverter den größten Teil unserer Abhängigkeit vom hiesigen Stromversorger wohl abgehakt haben und fast komplett „off-grid“ sein.
Und nachdem ich heute, vier Wochen nach unserem Einzug, tatsächlich das erste Mal im Pool war, denke ich ernsthaft über so was wie eine Solar-Poolheizung nach. Trotz rund 29°C Außentemperatur in der Sonne, kostete dieser Ersteinstieg echte Überwindung 🥶
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