Should I stay or should i go now?

Auf Windy.ty ist auch kein Verlass mehr: Eigentlich war Regen und Mistwetter bis einschließlich Samstag angesagt, stattdessen war es Donnerstag bestenfalls ein bischen bewölkt, und heute waren 32° bei ganztägig strahlendem Sonnenschein und kaum Wind. Ideal, um mal eben ein paar Stagen anzubauen…

Wider alle Erwartung, kam Jaques heute gegen 11 Uhr tatsächlich mit zwei Schergen angetrabt, um kaum fünf Monate, nachdem ich sie bezahlt hatte, meine Stagen anzubauen. Nachdem sie die neuen Backstagen an Deck drapiert hatten, rückten die beiden Hiwis nochmal ab, um das umgebaute Vorstag zu holen, Jaques wurde in den Mast hochgewinscht und innerhalb von drei Minuten war das neue Vorstag mit der (alten) Rollreffanlage oben eingehängt. Unten taten sich die beiden ein wenig schwer mit der Befestigung, also wurde das Vorstag erstmal nur provisorisch unten angerödelt, und dann sollten die beiden neuen Backstagen drankommen.

Einer der Gründe, warum die Lieferung der vorgefertigten Stagen so lange gedauert hatte war, daß die originalen Terminals nicht mehr lieferbar sind und auf alternative ausgewichen werden mußte, die natürlich aus Europa oder zumindest aus Capetown eingeflogen werden mußten. Und selbstverständlich haben die auch andere Maße, als die ursprünglichen.

Jaques, immer noch oben im Mast baumelnd, ließ die beiden das alte Stb-Stag abbauen und zusammenrollen, das neue antüdeln und hochziehen und dann sollten sie es mit dem neuen Terminal auf Spannung bringen. Äh, ja. Selbst, als der Wantenspanner bis zum Anschlag zusammengedreht war, flappte das ganze Ding umher wie nix. Stag zu lang??

Von Spannung keine Spur, dafür wurde Jaques aber allmählich ganz rot im Gesicht. :oops: Keine Ahnung, ob das von der Sonne kam, er so langsam von dem Verdacht beschlichen wurde, sich bei der Bestellung vielleicht vermessen zu haben oder einfach nur kurz vor einem Tobsuchtsanfall stand. Meine zaghaft hochgerufene Anmerkung, ob es nicht sein könne, daß das schlicht daran liegt, daß das Vorstag noch nicht an seiner Endposition angeschlagen, sondern nur mit Bindfaden 20cm höher befestigt war und der Mast somit oben zuweit nach hinten geneigt, wurde dezent ignoriert.

Stattdessen ließ er die beiden das neue Stag wieder abbauen, das alten wieder hochziehen und befestigen, und kam dann vom Mast gestiegen, um sicherheitshalber nochmal die Längen von alt und neu zu vergleichen. Immerhin, das nächste was kam, war ein in meine Richtung gemurmeltes „ich könnte wohl recht gehabt haben“ :wink:

Die folgenden zweieinhalb Stunden 8-O haben die drei dann mit dem Versuch verbracht, das Vorstag unten einzuhängen. Selbst mit komplett entspannten Wantenspannern an den Backstagen, keine Chance. Das Stag war einfach nicht weit genug runterzubringen, um den 12mm-Pin durch die ganze Mimik zu stecken.

Um den gelb markierten 12mm-Pin geht’s. Der hält Vorstag und Rollreffanlage quasi „am Boden“ und muß einigermaßen passgenau in Pfeilrichtung (bzw. Gegenrichtung) durch fünf Lagen Edelstahl mit fünf idealerweise direkt hintereinanderliegenden Löchern.

Nachdem sie anfingen, mit Hammer, Hebeln und Spannzangen zu hantieren, bin ich weggegangen, habe Arno gebeten, seinen direkt unter meinem 22Kg-Anker geparkten Polo da wegzunehmen, bevor noch irgendwas schweres in seiner Heckscheibe landet,   habe mein Cockpitmodul weiter verdrahtet und die drei gewähren lassen. Prompt lag ein paar Minuten später eine der Spannzangen unten…

Nach knapp 140 Minuten Quälerei fiel Jaques dann auf, daß das neue Vorstag-Terminal wohl einen anderen Lochabstand zwischen dem gelben und dem roten Bolzen hat als das alte, und der rote Bolzen mit der gerundeten Edelstahlkante (gelb im nächsten Bild) kollidiert. Zwei Minuten später war die Rundung bis auf die rote Kante weg geflext, und der Bolzen fluppte durch, als wär nie was gewesen. :mrgreen:

Wie auch immer, nachdem ich erstmal allen Beteiligten eine kalte Cola verabreicht hatte, waren eine weitere halbe Stunde später die Backstagen ebenfalls gewechselt, alle Stagen und Wanten haben die ordnungsgemäße Spannung und  ich endlich ein Segelboot, das jetzt eigentlich nur noch Segel braucht. Mühsam nährt sich das Eichhörnchen …

Mit Essen war diese Woche nicht viel los. So richtig  auf dem Damm fühle ich mich nach der Aktion vom Montag immer noch nicht wieder und als ich mir vorhin auf die Schnelle ein paar Sandwiches machen wollte fiel mir auf, daß mir diese Woche tatsächlich ein ungeöffnetes Paket Toastbrot verschimmelt ist, dem wohl die 4 Tage mit 98% Luftfeuchtigkeit nicht sonderlich bekommen sind. Hatte ich auch noch nicht. Stattdessen gab es dann ein paar gegrillte Würste und zwei kleine Naan-Brote vom Grill.

Da ich fast wetten möchte, daß die nicht-englisch-Sprecher und/oder Nichtsegler unter den geneigten Lesern etwas ratlos an der Überschrift rumgrübeln: Ja, das ist ein Wortspiel. (Ach was? Doch! Ausnahmsweise mal :mrgreen:)

„Stay“ heißt nicht nur „dableiben“, sondern ist auch die Bezeichnung für „Stag“. Und außerdem ist der Titel auch der Titel eines relativ bekannten Songs von „The Clash“ von  Ende der 70er oder Anfang der 80er.