Drecksarbeit unter Tage

Über Nacht hatte es sich auf vergleichsweise angenehme 29°C abgekühlt, und es sah auch nicht danach aus, als wolle es noch nennenswert wärmer werden, also stand ich, als ich um 5h20 wach wurde auf, frühstückte eine Schale Special-K mit Weet-Bix und dachte mir so: „Eigentlich ein schöner Tag, um mal eben die Bilge in der Nacelle zu reinigen und neu zu pinseln, bevor irgendwann der Motor wieder reinkommt und das ganze erst richtig umständlich wird“.

Gesagt, getan. Frohen Mutes bewaffnete mich mit einem Schwamm, Putztuch und meiner letzten verbliebenen halben Rolle Küchentüchern und entfernte die Abdeckungen im Cockpit. Seit ich hier war, hatte ich da noch nicht wieder reingesehen, mich nur gewundert, daß unter dem Boot (das ja bekanntlich noch an Land aufgebockt ist) eine recht unansehnliche Pfütze undefinierbarer Flüssigkeit im Sandboden versickert schien. Letztere erwies sich dann als ziemlich päkiges Öl-Wasser-Kohlestaub-Gemisch, von dem der Rest noch in der Nacelle stand. Bin mir nicht ganz sicher, wo das jetzt alles hergekommen ist, beim letzten Mal war die Bilge meiner Meinung nach trocken gewesen. Aber als ich das letzte Mal hier war, war Südafrika ja auch immer noch mit einer langanhaltenden Dürre beschäftigt, während es die letzten Tage ausgiebig geregnet hat.

Nachdem ich erstmal angefangen hatte den Kram aufzunehmen und über Bord zu kippen (*), konnte ich immerhin schon fast den gesamten Bilgenboden erkennen, bevor meine Küchenrolle endgültig leer war. Zu dem Zeitpunkt sah ich dann auch so aus, wie man eben aussieht, wenn man auf Händen und Knien in der ölverschmierten Bilge rumpatscht, also beschloss ich, erstmal duschen zu gehen und auf dem Rückweg gleich beim Yachtausrüster vorbei zu terbeln und Danboline Bilgenfarbe, Pinsel und Farbroller zu erstehen.

[* nein, natürlich nicht. Schließlich habe ich inzwischen jede Menge leere 5L-Wasserflaschen an Bord, die sich prima als Entsorgungsbehältnis eignen, wenn man ein großes Loch reinschneidet. Ich werde die dann zu den anderen ca. 45 Flaschen und Kanistern stellen, die hier vor der sogenannten „waste station“ rumstehen und drauf spekulieren, daß sie irgendwer anders hinter eine der Garagen kippt oder vielleicht doch noch ordnungsgemäß entsorgt.]

Dummerweise hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht realisiert, daß hier heute Feiertag ist. Mir war zwar aufgefallen, daß sich kein einziger der schwarzen Arbeiter blicken lassen hatte, dafür wurde aber an fast allen um mich rumstehenden Booten gewerkelt auf Teufel komm raus. Also nix mit Farbe kaufen :-/

Da ich nun schon mal sauber war, beschloss ich, mein Glück in der Mall zu versuchen, um wenigstens ein paar neue Küchenrollen zu ergattern. Erfahrungsgemäß haben die großen Läden hier überhaupt kein Problem damit, ihr Personal auch an Sonn- und Feiertagen arbeiten zu lassen, ganz besonders jetzt in der Weihnachtszeit. Und: Bingo! Eine halbe Stunde später war ich um sechs Küchenrollen und diversen anderen Kleinkram bereichert wieder am Boot und konnte mich weiter der Bilge widmen.

Bei der Gelegenheit fand ich dann auch die Starter-Batterie, die unter einem Wust von Kabeln, Abdeckungen und sonstigen ausgebauten Motorteilen rumstand. Vom gleichen Typ und Kaliber (150Ah) wie die vor Monaten schon ersetzte Versorgungsbatterie, war hier immerhin noch ein Aufkleber mit dem Einbaudatum 6/2009 vorhanden. Also ab damit; nach zweieinhalb Jahren Standzeit ohne zwischendurch geladen worden zu sein, ist die bestenfalls noch als Ballast zu gebrauchen. Davon habe ich allerdings auch so genug.

Was mir nach der ersten Grobreinigung auffiel: Da ist ein Loch in meiner Bilge! Kein Borddurchlaß, womöglich sogar noch mit Seeventil, nein: einfach nur ein 20mm-Loch an der tiefsten Stelle. Ich meine, was die sich denn dabei gedacht??

Gemeinhin liegt die Bilge an der so ziemlich tiefsten Stelle eines Bootes, üblicherweise somit unter der Wasserlinie. Das ist hier dank der Nacelle (das ist der Teil zwischen den beiden Rümpfen, in denen der Motor eingebaut ist) zwar nur eingeschränkt der Fall, aber bei den meisten Dean 365 die ich bislang auf Bildern gesehen habe, war die Nacelle immerhin mit Antifouling gestrichen, scheint also durchaus im Wasser zu liegen und nicht etwa oberhalb. Das dürfte ganz besonders dann zutreffen, wenn der Kahn mal vollgetankt, beladen und mit den vorgesehenen 600L Wasser in den beiden Rumpftanks versehen ist und sich auch noch ein paar Personen an Bord befinden. Da schwappt doch spätestens bei jeder kleinen Welle Seewasser in den Motorraum?! Schätze, ich werde das Loch wohl mit einem Borddurchlass mit Rückschlagventil und ggf. einer Bilgenpumpe aufrüsten, bevor der Kahn wieder gewassert wird …

Minimalismus ist auch ’ne Kunst

Richards Bay, 15.12.2015

Montags ist „braaii night“ im Zululand Yacht Club. Einst aus der Not heraus geboren, weil die clubeigene Bar und die Lounge Montags halt Ruhetag haben und es somit weder was zu essen, noch (was viel schlimmer ist) zu trinken gibt, baute der Club zwei große steinerne Grills in der Bar-Area und stiftet seither allmontäglich ein paar Säcke Grillkohle. Was dann damit angefangen wird, ist Sache der Mitglieder. Ein echtes sudafrikaanse braaii ist eine ernsthafte Angelegenheit, nicht etwa wie eine profane europäische Grillfete, wo einer einlädt und alle anderen dann nur auf’s Essen warten. Jeder bringt mit, was er zu essen und zu trinken gedenkt, es wird gemeinsam gegrillt, geteilt, gesabbelt und natürlich getrunken und im Grunde genommen ist ein braaii somit nix anderes als die unter Yachties weltweit beliebten „pot-luck“-parties am Strand; nur hier eben auf dem Clubgelände.

Da die gestrige „braaii night“ irgendwie den Wetterunbillen zum Opfer gefallen war, hatte ich in meiner Kühlbox noch ein wunderbar anmutendes 380g-Filet rumliegen, das heute weg mußte. Die Temperaturen heute morgen inzwischen schon wieder knapp unter der 40°-Marke, hatte ich allerdings keinen Nerv auf großartige Menügenerierung und somit hieß es: Kochmann raus ins Cockpit, Pfanne drauf, Olivenöl rein und ab dafür. Bischen Pfeffer und Salz drauf, ein Panino (sowas wie ein Ciabatta-Brötchen, habe ich gestern bei Checker’s gefunden) kurz angetoastet und gebuttert und 8 Minuten später hatte ich das zarteste Filet auf dem Teller, das ich seit langem gegessen habe. Moahh…

Resumé: Ein 1a-Filet für umgerechnet 4.35€, ein Brötchen für -,50€ und dazu eine eiskalte Flasche 100%igen O-Saft für -,65€. Mann, bin ich billig zufrieden zu stellen :-)

Wenn ich nächstens das teure Brötchen weglasse und den O-Saft durch einen netten Merlot ersetze, kann ich guten Gewissens damit angeben, ich hätte im Urlaub auch eine „no-carb“-Diät gemacht >:-)

Positiver Nebeneffekt dieser frugalen Völlerei: Danach waren dann auch die rasenden Kopfschmerzen weg, mit denen ich morgens um 5h aufgewacht war und die mich bis Mittag begleitet hatten. Mutmaßlich hervorgerufen durch den spontanen Wiederanstieg des Luftdrucks um über 25mbar in der Nacht (oder der Temperatur um fast 20°C, wer weiß). Offenbar werde ich auf meine alten Tage doch noch wetterfühlig :-/

let there be music

Richards Bay, 14.12.2015

Erwähnte ich schon, daß wir hier einen Temperatursturz hatten? Nein, ernsthaft: Seit gestern vormittag herrschen hier erträgliche 22°C. Einhergehend allerdings damit, daß es seit gestern vormittag auch fast ununterbrochen gießt wie aus Eimern und mein Windmesser gestern nachmittag eine Spitzenwindgeschwindigkeit von 52kts auswarf . Aber irgendwas ist ja immer.

Jedenfalls ermöglicht es die aktuelle Temperaturlage, die thermal bedingte Apathie abzuschütteln und ein paar von den Arbeiten durchzuführen, wegen derer ich überhaupt eigentlich erst hergekommen bin. Seit gestern nun (TADAA!) habe ich neben einem dieser winzigen MP3-Bluetooth-Lautsprech-Gnubbel, die wir letztes Jahr an der Tanke für die HEM verteilt haben (und der gar nicht mal soo schlecht klingt, wenn man eine Woche lang außer Notebook-Lautsprechern und Handy-Quäken nichts brauchbareres hat), auch richtige Musik zur Bereicherung des Bordlebens und zur Erbauung der Nachbarn.

Die Boombox im Kleinstformat.
Die Boombox im Kleinstformat.

Bereits auf der letzten Ganymed hatte ich das bis dato teuerste Autoradio meines bisherigen Lebens eingebaut, ein Fusion AV700i, und war damals ganz angetan von der vielfältigen Vernetzbarkeit mit den Apple- und Garmin-Gerätschaften an Bord. Da ich das Ding dummerweise im Frühjahr zusammen mit dem Boot verkauft hatte, habe ich im Sommer bei Jürgen Enßlin ein neues geordert und das mit nach Südafrika geschmuggelt. (Bei der im Juni gestellten Anfrage beim hiesigen Ausrüster wollten die knapp das Doppelte des deutschen Preises haben, das war mir denn doch ein klein wenig zu viel des Guten).  Nu isses also eingebaut, klingt mit den vorhandenen Wharfdale- und den mitgebrachten Creative-Lautsprechern schon ganz passabel und wartet eigentlich nur drauf, daß ich ihm noch einen passiven Subwoofer spendiere. Nächstes Mal vielleicht …

 

Kommunikation tut not

Richards Bay, 13.12.2015

Beim letzten Besuch hier hatte ich meinen mobilen Huawei UMTS-Router dabei, nur um zu testen, ob das hier überhaupt funktioniert. Auf der Übersichtskarte von VodaCom SA sieht es zwar so aus, als sei ganz Richards Bay mit LTE-Empfang gesegnet, tatsächlich jedoch beschränkt sich das auf einige wenige Spots, während ansonsten immerhin UMTS (also 3G) verfügbar ist. Da mit Prepaid LTE-Karten ohnehin ebenfalls bei 21MBit Schluß ist, spielt das allerdings auch gar keine Rolle und UMTS tut’s auch.

Da ich nun nicht die Absicht hatte, im Roaming 1,-€ oder so pro verbrauchtem MB zu löhnen, hatte ich Anfang der Woche eine der hier an jeder Straßenecke und in jedem zweiten „Outlet“ zu findenden VodaCom-Filialen aufgesucht und zwei Prepaid-Karten gekauft. Eine als Telefonkarte für mein altes S3, da mit den hiesigen Kontakten WhatsApp auf „ausländischen“ Handies skurrilerweise oft nicht funktioniert, und die andere als Data-Card mit 2GB Datenvolumen für  30 Tage, um sie in einen Huawei LTE-Stick zu verfrachten, der dann als „Modem“ an einer ebenfalls mitgebrachten Fritz.Box 4020 fungieren sollte, um all den mitgeschleppten mitteilungsbedürftigen Elektronik-Gadgets als Verbindung zur zivilisierten Welt zu dienen. Soweit die Theorie …

Dass das per se überhaupt einigermaßen so klappt wie ich mir das vorgestellt hatte, hatte ich immerhin schon zu Hause mit einer Vodafone LTE-Prepaidcard getestet, ein entsprechendes Netz in der Fritz.Box eingerichtet, alle Geräte darauf angemeldet und sogar ein VPN zum Heimatnetz etabliert, was bislang noch nie so funktioniert hatte, um damit tatsächlich arbeiten zu können. (Mittlerweile weiß ich aber wenigstens, warum nicht :-) ) Da man ja im Laufe der Jahre zulernt, hatte ich sogar alle mitzunehmenden  Gerätschaften drei Tage am Stück eingeschaltet gelassen, damit sie etwa noch zu erledigende Updates daheim über die Flatrate erledigen könnten, anstatt meine teuer gekauften GB zu verbraten. Und was soll ich sagen?

Die 2GB haben nichtmal bis zum nächsten Morgen gereicht. Aus unerfindlichen Gründen war mein $#§6!-Notebook der Meinung, nachts mal eben spontan sein Windows10 für 1.5GB updaten zu müssen und war dann an einem ebenfalls unangekündigten „Windows10Pro-Upgrade“ gescheitert, weil das Datenvolumen leider schon verplempert war. Mistvolk, dämliches!

Nachdem ich nun gestern nochmal 10GB nachgekauft habe, meinten auch beide Samsung Handies, zusammen gut drei Dutzend Apps updaten zu müssen (geht ja schließlich über WLan, nicht über mobile Daten, ARrrgggghhh …) Eigentlich warte ich jetzt nur noch drauf, daß mein Ipad oder iphone auch noch ein neues IOS runterzieht, von den insgesamt 12GB sind immerhin noch 6.2 verfügbar; wäre doch gelacht, wenn die nicht bis spätestens drei Tage vor Urlaubsende auch noch wegzuballern wären. Ich bin schließlich noch über eine Woche lang hier…

Nachtrag 15.12.2015, 20h

HAH! Ist ja nicht so, daß ich meine Pappenheimer nicht kennen würde. Gerade pingt mich das Ipad an: „IOS 9.2 wurde geladen und kann jetzt installiert werden“. Die machen mich echt fertig, die Mistdinger …

Stand der Dinge: „Databalance: 5.73 of 12 GB available“. Immerhin. Aber ich hab ja auch noch ein Iphone mit, das sich auch noch updaten könnte, außerdem lauern seit gestern schon wieder 8 Ipad-Apps und 2×7 Android-Apps auf die Updatefreigabe ….

Blutrausch an Bord

Richards Bay, 11.12.2015

Hohe Temperaturen sind eine Sache, eine dabei vorherschende Luftfeuchtigkeit von durchwegs über 85% eine andere. Schon am 2. Abend war mir aufgefallen, daß sich in meiner Kabine unerhört viele Mücken tummelten. Da ich am nächsten Morgen aber keine Beschwerden deswegen hatte, dachte ich noch frohgemut „na gut, ignorieren wir uns gegenseitig und alle sind glücklich“. Pustekuchen! Die hatten mich nur in Sicherheit gewiegt um sich in noch höherer Zahl zusammenzurotten und dann gemeinsam über mich herzufallen.

Einen Tag später sah ich aus, als hätte ich die Masern! Hab‘ sie nicht gezählt, aber so um die 6-800 Stiche an Armen und Beinen werden das wohl gewesen sein, und mein Bettlaken sah aus, als hätte ich [ok, zensiert], nur von den versehentlich zerquetschten Viechern, die sich bereits an mir gelabt hatten. Das letzte Mal daß ich jemanden so zerstochen gesehen habe, war Sara damals im Hilton in Ägypten (wo alle Mücken Hurghadas über sie hergefallen waren, während sie zwischen Jutta und mir schlief, und dann als einzige von uns dreien überhaupt gestochen wurde. :-) )

Bei den vorherrschenden Temperaturen mit geschlossenen Fenstern zu schlafen, ist echt keine Option. Ich gehe hier schon fast ein, obwohl alle Luken und Portlights offen sind und sich hin und wieder mal der Hauch eines Luftzugs ins Innere verirrt.

Da es mir nicht gelungen ist, irgendwo Gaze für die Fenster und Türen aufzutreiben, wurden die aufzuscheuchenden Viecher erstmal, soweit erreichbar, manuell massakriert, Abends eine Citronella-Petroleumlampe angezündet und vorsorglich alle erreichbaren Körperpartien mit einem Antimückizid imprägniert. Der Erfolg war, gelinde gesagt, überschaubar. Normalerweise stört mich umherschwirrendes Viehzeuchs im Schlafzimmer nicht die Bohne, aber wenn man alle 15 Sekunden direkt neben dem Ohr mindestens eine 3er-Formation rumsirren hört, ist das irgendwann echt lästig.

Schwereres Geschütz mußte also her: Immerhin bin ich wohl nicht der Einzige, dem die Viecher auf den Senkel gehen, daher bietet die südafrikanische Chemiewaffen-Industrie durchaus entsprechende Gegenmaßnahmen an. Zum Einsatz kam also ein flächendeckend einzusetzendes Produkt mit dem erfolgversprechenden Namen „DOOM“, nach dessen Anwendung ich mich vorsichtshalber für den Rest des Nachmittags nach draußen verzogen habe, bevor ich Türen und Fenster wieder öffnete. Für den Fall, dass dieses Kampfmittel noch etwaige Überlebende zurückgelassen haben sollte, hatte ich noch einen elektrisch verteilten Kampfstoff namens „Mortein“ erstanden und siehe da: Ruhe war’s!

Angeblich 30 Tage lang Ruhe vor dem Stechzeuchs
Angeblich 30 Tage lang Ruhe vor dem Stechzeuchs

Mal sehen, wie lange ich mich über den Sieg freuen kann. Wenn alles andere versagt, kann ich mir immer noch ein Mosquitonetz über der Koje anbringen :-)