Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Nach subtiler Androhung physischer Konsequenzen, wenn er mit meinem Dodger nicht bis dieses Wochenende fertig wird, kam Stephen Freitagmorgen gegen Neun Uhr angejökelt, forderte mich auf einzusteigen und mit ihm zu seiner Halle zu fahren, um den seiner Aussage zufolge fertigen Dodger zu begutachten. Ich sagte also rein sicherheitshalber Hayden Bescheid, der mir gerade über den Weg lief (nur für den Fall, daß ich nicht wieder auftauchen sollte, man weiß ja nie…) und stieg in einen Toyota Pickup ohne funktionierende Klimaanlage und mit ausgebauten Stoßdämpfern, wie es nach den ersten paar Metern Fahrt den Anschein hatte, und dann ging es los.
Daß diese Halle irgendwo in einer Farm-Gegend namens Heatonville hinter Empangeni liegt, wußte ich schon. Was da landschaftlich zu erwarten war, ebenfalls, zumindest soweit Google Earth das hergab. Nachdem wir irgendwo hinter Empangeni rechts abgebogen waren, fanden wir uns jedenfalls nach ein paar Kilometer Fahrt in der Pampa wieder, wo er mitten im Nirgendwo eine Halle gemietet hat. Sei billig, meinte er. Glaub ich sofort, denn eigentlich kommt man da nur mit Geländepickups oder LKW hin. Gut, daß mein (tiefergelegter) Sharan keine AHK hat, sonst hätte ich das vielleicht schon früher mal selber gesucht
Wie auch immer, mein Dodger lag fertig aufgebockt in der Halle, war lackiert (und entgegen meinem ausdrücklichen Wunsch) natürlich auch mit dem von Stephen bevorzugt verwendeten „feinen“ Sand in zerschlagene-Glasflaschen-Qualität antirutschbeschichtet worden und wurde von seinem Hiwi gerade nochmal gewaschen.
Hmja.
Ich sag’s mal so: Wenn ich zusammen mit Simon elf Monate Arbeitszeit auf das Ding verbraten hätte, wär das Ergebnis mutmaßlich passiger gewesen. Von einem gelernten Bootsbauer, der dreißig Jahre lang GFK-Boote zusammenlaminiert hat, hätte ich durchaus ein bischen mehr Präzision erwartet. Aber was soll’s. Ich hab ein Boot aus den 90ern, und der Dodger sieht so aus, als hätte er schon immer da draufgesessen, also ok.
Wie nun wieder zum Boot kriegen, das Teil? Stephens Klaufix, auf dem er es damals abgeholt hatte, fiel aus, da der Dodger zum Einen eigentlich schon damals viel zu groß dafür war und zum Anderen inzwischen mehr als doppelt so groß ist wie vorher. Der Trailer, den er eigentlich für Samstag mieten wollte, war immer noch unterwegs nach Johannesburg und niemand wußte, ob der pünktlich wieder abgegeben werden würde, also habe ich Andries angerufen, der sich ja eh schon erboten hatte, mit mir hinzufahren und den Dodger abzuholen, und prompt stand Samstag kurz vor Acht sein Sohn Hein mit Pickup und Autotrailer vor der Tür. Auch dieser Trailer war eigentlich viel zu klein. Der verlängerte Dodger 3.50m lang und 2.50m breit, der Trailer gerade mal 2m. Das würde noch spannend werden. Sobald Simon, den ich ebenfalls für Acht Uhr herbestellt hatte, auch aufgetaucht war, ging es ab in die Wildnis.
Stephen war vor Ort, und nach kurzer Beratschlagung wurde der Dodger kurzerhand auf den Kopf gelegt, auf ein paar alte Matratzen geschnallt und halt falschrum transportiert. Wider Erwarten ging das bis auf ein paar marginale Schrammen alles glatt. Stephen und sein Hiwi fuhren uns hinterher zum Club und dann kam der spannende Teil der Aktion: Umladen vom Trailer aufs Boot, ohne größere Kollateralschäden zu verursachen oder das ganze Ding zu zerbröseln.
Es ging. War ein wenig grenzwertig, und wenn das in Deutschland stattgefunden hätte, vermutlich ein Fall für die BG, aber wir sind ja hier in Südafrika. Also vier Mann, vier Ecken, zwei Mann aufs Boot und dann an der Seite hoch, über die Reling gezerrt und erstmal irgendwie vor dem Mast auf Deck abgelegt, immer noch „kopfüber“ Wie schon mal erwähnt: Das wäre alles viel einfacher gewesen, bevor der Mast gestellt wurde und solange mein Boot noch einen halben Meter tiefer lag. Aber nu ja.
Irgendwie haben wir das Ding dann seitlich/hochkant zwischen Mast und Wanten durch nach hinten expediert, und nachdem ich noch spontan den Baum vom Mast gelöst und an die Seite gebunden hatte, ließ sich der Dodger tatsächlich umdrehen und an den vorgesehenen Platz setzen, ohne dabei auseinanderzubrechen. Nur mein neulich foliertes Instrumentengehäuse hat ein paar Schrammen abgekriegt, aber das ist vergleichsweise verschmerzbar. Bilder gibt es von diesen ganzen Aktionen leider nicht, weil ich irgendwie grade anderweitig beschäftigt war…
Da steht er nun also, der Dodger. Die nächsten sechst Stunden haben wir dann damit verbracht, ihn passend auszurichten und schließlich mit Sikaflex aufzu“kleben“, natürlich mit jeder Menge Schrauben im Deck. Ein wenig frickelig wurde es, weil momentan kein Vorstag montiert ist, und der Mast nur vom Kutterstag und dem am Bug angeschlagenen Genua-Fall am Umkippen gehindert wird, das auf der Fall-Winsch auf dem Cockpitdach belegt und mit einer Fallenklemme gesichert war. Ich hatte zwar leichte Bedenken gehabt, das Fall von Winsch und Klemme zu nehmen, damit das Dach dann tatsächlich auch flächig aufliegen kann, es war aber einigermaßen windstill, also haben wir es gewagt und es ging problemlos.
Mit dem Multimaster mal eben ein Loch in den neuen Dodger gesägt, und schon konnte das Fall wieder belegt werden. Da muß eh eine Durchführung für vier Fallen hin, aber das Feintuning kommt dann später.
Das ganze Gebilde fühlt sich, zugegeben, jetzt schon deutlich stabiler an als vorher, auch wenn die hinteren Stützen noch fehlen und derzeit nur eins meiner nunmehr ausgedienten PVC-Rohre als Abstützung in der Mitte steht, bis Andries nächste Woche den bei dieser Aktion abgeflexten oberen Bogen des Bügels am hinteren Ende des Cockpits der Dachwölbung entsprechend gebogen und wieder angebraten hat.
Aus nicht ganz ersichtlichen Gründen, hatte Stephen das ganze Gebilde um fast einen halben Meter länger gemacht, als eigentlich notwendig. An sich nett, hilft aber nix, da mein Traveller auf dem hinteren Rand des Cockpits sitzt und der Baum nur wenig länger ist. Ich hatte zwar kurzfristig drüber nachgedacht, den Traveller aufs Dach zu verlegen, zwischen Baum und Dach sind aber nur ungefähr 35cm „Luft“, zuwenig für das vorhanden Großschotsystem. Man könnte natürlich auf ein German Mainsheet System umsteigen, aber eigentlich will ich jetzt wirklich irgendwann erstmal segeln, anstatt weiterhin vor mich hinzubasteln. Also haben wir die hinteren 40cm vom Dach abgeflext, die Ecken fein säuberlich gerundet, und nun bewegt sich meine Großschot schamfilfrei über die ganze Breite des Travellers, bis der Baum am Want anschlägt. Paßt!
Das soweit erledigt, war noch Zeit, um ein weiteres Loch in den Dodger zu flexen: Das Ding ist ja nun mal „um den Mast herum“ gebaut, weil dieser direkt vor dem Cockpit steht und bei der Vorverlegung des Verdecks um einen halben Meter irgendwie im Weg war. Dieser Kasten um den Mast ist immerhin 60 Zentimeter breit, was für einen ziemlich heftigen toten Winkel sorgt, wenn man am Steuer steht/sitzt. Also hatte ich geplant, die Rückseite großflächig mit einem Polycarbonat-Fenster zu versehen, damit es nicht ganz so krass wird.
Stattdessen haben wir jetzt das Gebo-Bullauge eingebaut, das ich vor Urzeiten mal für die Metis gekauft, aber nie eingebaut hatte und das jetzt seit mindestens zehn Jahren erst im Keller und zuletzt hier an Bord rumlag. Das gefällt mir doch nun überaus gut an dieser Stelle. Sorgt für Sicht, bringt zusätzlich Luft rein, wenn man vor Anker liegt und sieht so aus, als sei es extra dafür gemacht, an dieser Stelle zu sitzen. Und ganz sicher ist es geschlossen dichter als ein selbstgebasteltes Polycarbonat-Fenster zum „nach innen öffnen“
Gegen 16 Uhr sind Stephen und sein Hiwi dann abgezogen, ich habe noch ein wenig aufgeräumt, bin duschen gegangen und dann erstmal zur Mall gefahren, um den Getränkevorrat wieder aufzustocken, der durch die fast ganztägige Aktion mit fünf Leuten doch etwas gelitten hatte. Und da es sich so allmählich abkühlte, für morgen Regen angesagt ist und mein sonntäglicher Thai-Besuch mit Peter morgen ohnehin ausfallen wird, weil dieser wiedermal sein Visum verlängern muß und daher derzeit ein paar Tage Urlaub in Dubai macht, habe ich mir zur Feier des Tages eine TK-Pizza mitgenommen, die noch mit ein paar Allzweck-Garnelen beworfen und den Sonnenuntergang bei Pizza und O-Saft unter meinem neuen, festen Dach zelebriert.
Und als wenn das nun nicht schon genug positive Erfahrungen für eine Woche gewesen wären, hat mir Lelani am Freitag Mittag tatsächlich meine vor gerade mal 19 Wochen bestellte Bilgenfarbe über den Tresen gereicht. Ist ja nicht so, daß hier nix klappt. Es dauert halt nur alles ein wenig länger. Kaum auszudenken, wenn nun auch noch Jaques überraschend meine Stagen montiert hätte …
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