Durchblicke, Teil 6

Das Wochenende ist vorbei, und erstmals seit einer ganzen Weile habe ich innerlich den Eindruck, diese Woche tatsächlich mal wieder was geschafft zu haben. Letzte Woche war ja Simon etwas überraschend von den Toten auferstanden und hatte sich hier am Steg zurückgemeldet, nachdem er monatelang nicht telefonisch erreichbar gewesen war. Die  Gelegenheit nutzend, hatte  ich ihn für die darauffolgende Woche dienstverpflichtet und in der Tat stand er Montag Morgen bereit. Da sie es im Shop erwartungsgemäß nicht geschafft hatten, den bestellten Sika-Primer pünktlich zu liefern, und der geplante Ersatz der Frontscheiben insofern noch warten mußte, habe ich ihn am Montag erstmal das Boot putzen lassen.

Das erledigt, stand am Dienstag zunächst das Raustrennen der alten Scheiben auf dem Programm. Wie angesichts der von aussen sichtbar stellenweise abgelösten Klebeschicht von den Scheiben zu erwarten gewesen war,

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ließen die sich auch einigermaßen unkompliziert ausbauen: Die Schrauben entfernt, zweimal etwas fester von innen dagegen gedrückt, und schon lag die Backbordscheibe auf dem Vordeck, während das gesamte damals verwendete Sikaflex einwandfrei am GFK haftengeblieben war. 8-O

Früher war irgendwie mehr Primer … Die Innenseite der alten Scheibe nach dem Ausbau.

Also keine Ahnung, ob Morgan’s Strategen damals den Primer auf das lackierte GFK gestrichen hatten, anstatt auf die Scheiben, oder entgegen der Absprache doch den vom Shop falsch gelieferten 206er Primer anstatt des erforderlichen 209D verwendet haben, wer weiß. Auf den Scheiben war die Haftwirkung über die seither verstrichenen vier Jahre jedenfalls eher mangelhaft. Es bleibt abzuwarten, ob das nun dieses Mal genauso ausgeht und das Material einfach nix taugt, oder die Verbindung nun eine etwas dauerhaftere sein wird.

Neue Scheiben, geprimert und gebohrt. Und nur noch halb so lang, wie die alten. Zusammen mit den um 2.5mm größer gebohrten Löchern reicht das hoffentlich aus, um die unterschiedliche Wärmeausdehnung von GFK und Polycarbonat zu kompensieren und neuerliche Spannungsrisse zu vermeiden.

Die Steuerbord-Scheibe war dann ein wenig hartnäckiger und war zumindest auf dem Mittelsteg eine brauchbare Verbindung eingegangen, was letzlich zu etwas mehr Gewaltanwendung beim Ausbau und zum Zerbrechen der 8mm-Scheibe in vier Teile führte. Auch wenn ich kein Kunststofftechniker, sondern nur schlichter Kfz-Mechaniker bin: Im Leben war das kein Polycarbonat, was mir Maizey’s damals verkauft haben. Bestenfalls Plexiglas.

Sei’s drum, bis Mittwoch Abend waren die Flansche gesäubert und neu gepinselt, und da sich Simon für Donnerstag und Freitag abgemeldet hatte, stand ich mit Lou allein vor der Aufgabe, die neuen Scheiben einzubauen.  Als experimentelle Maßnahme hatte ich beschlossen, jeweils auf der Innenseite einen 10x6mm Streifen EPDM (Fensterdichtband) aufzukleben. Zum Einen als zusätzliche Abdichtung und „letzte Sperre“, falls alles andere versagt, zum Anderen um einen gewissen Abstand zwischen Scheibe und GFK zu wahren, und somit eine brauchbare Schichtstärke des Klebers zu gewährleisten. Wird sich zeigen, ob das besser funktioniert als die 8mm Gummi-Punkte, die Morgan seine Spezis damals aus einem alten LKW-Schlauch oder sowas ausstanzen lassen hatte.

Fertsch! Alle Scheiben wieder drin.

Samstag Mittag waren wir fertig, und auch wenn der dräuende Regen bislang ausgeblieben ist bin ich optimistisch, daß die neuen Scheiben doch deutlich dichter sind als die alten zuletzt.  Auf jeden Fall sehen sie erheblich besser aus. :-)

Wir haben dann übrigens die 28mm langen 5er Pilzkopfschrauben verwendet, die ich 2016 mal extra für diesen Zweck gekauft hatte, und die von Morgan damals empört als „viel zu kurz!“ abgelehnt und durch 45mm lange ersetzt worden waren, nur um mir später 1600R für das Absägen der überschüssigen Länge von rund 120 Schrauben zu berechnen. :roll: Selbst die zugehörigen Hutmuttern habe ich wiedergefunden, lediglich große Unterlegscheiben waren nicht mehr in genügender Anzahl vorrätig.

Von diesem Erfolgserlebnis mal abgesehen, war die Woche eher durchwachsen: Mein Sharan hat mich schmählich im Stich gelassen! Dienstag nachmittag wollten wir nach Feierabend „nur noch kurz zum Einkaufen“ zur Mall, nachdem Simon sich davon gemacht hatte, und schon beim Losfahren zuckte er zwar ein wenig, sprang dann aber sofort an. Nur um mich nach ein paar Km Fahrt mit der kreischroten Message „Lichtmaschine! Werkstatt!“ im Display zu erfreuen. Wir kamen noch bis zur Mall, aber ein spontaner Wieder-Startversuch nach dem Abstellen blieb denn auch prompt erfolglos, also machte sich Lou allein auf den Weg, um noch ein wenig Obst, Brot und Milch einzukaufen, und ich versuchte in der Zwischenzeit herauszufinden, was eigentlich das Problem sei.

Auf den ersten Blick erkennbar, war aus unerfindlichen Gründen die obere Befestigungsschraube der LiMa losgejackelt und ausgewandert, und vom Keilrippenriemen war keine Spur mehr zu sehen. Hm… Warum sich das nicht schon vorher in  einer mangelnden Ladeleistung geäußert hat und die entsprechende Kontroll-LED duster blieb, erschließt sich mir jetzt nicht so recht. So eine 105AH-Batterie ist ja normalerweise in Fahrt ohne LiMa nicht unbedingt nach 5Km schon am Ende.

Auf jeden Fall; bis Lou mit den Einkäufen zurückkam, hatte ich ein paar der vor Ort rumlungernden „Parkboys“ rekrutiert und mich anschieben lassen, und wartete mit laufendem Motor auf sie. Da ich eh keinen neuen Riemen hatte, lautete das nächste Etappenziel: Midbay-Motors, der hiesige VW-Händler, der mehr oder weniger ohnehin auf unserem Weg zurück zum Boot lag.

Natürlich hatte die Werkstatt bereits Feierabend, war ja immerhin schon viertel nach Fünf. Daß da aber außer dem Guard am Tor nun überhaupt niemand mehr vor Ort war, verblüffte mich dann doch ein wenig. Jahrzehntelang haben wir in unserem 6-Mann-Betrieb in D die Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit gewährleistet und waren von halb acht bis meistens 19h vor Ort im Betrieb; und hierzulande gilt scheinbar generell eine Arbeitszeit von „eight-to-five“ für den gesamten Laden. Selbst im Verkauf war niemand mehr. Beschwere sich bloß nochmal jemand über mangelnde Servicebereitschaft in Deutschland! >:-)

Der Sharan schaffte es quasi „mit dem letzten Volt“ noch bis auf den Hof, nachdem ich den Guard überredet hatte, uns doch bitteschön reinzulassen, um nicht auf der Straße parken zu müssen, und dann war endgültig Schluß mit Spannung. Mit Mühe gelang es mir ein paar Minuten später noch, das halb offene Fenster zu schließen, aber ansonsten rührte sich nichts mehr. Sowas wie eine „Nacht-Annahme“ gab es nicht, also hinterließ ich Fahrzeugschein, Schlüssel und einen Zettel mit meinen Daten und einer Fehlerbeschreibung beim Pförtner, wir riefen ein Taxi und jökelten zurück zum Yachtclub.

Und seither sind wir nun autolos. Nachdem ich am Mittwoch Morgen noch eine email an Midbay mit  einer genaueren Beschreibung abgeschickt hatte, kam noch ein Anruf mit der Ankündigung, sich wieder bei mir melden zu wollen, sobald das Fahrzeug in der Werkstatt sei, und dann war Funkstille. Donnerstag Morgen rief ich erneut an, nur um dieselbe Aussage noch einmal zu erhalten. Den gesamten Tag über passierte … nichts.

Freitag Morgen hatte Lou einen Zahnarzttermin und mußte eh in die Stadt, also haben wir ein Taxi gerufen, und ich habe mich bei Midbay absetzen lassen. Wie schon von weitem zu sehen, stand der Sharan unangetastet an genau derselben Stelle, an der ich ihn abgestellt hatte. Leicht angefressen, marschierte ich in die Service-Annahme und suchte das Mädel, das mir telefonisch als „mein Kontakt zum Service“ avisiert worden war. Nachdem ich sie ausfindig gemacht hatte und mich vorgestellt hatte, kam noch ein „oh, Moment, ich hole mal eben den ‚Foreman'“, und sie war weg. Der ‚Foreman‘ tauchte dann auch in der nächsten halben Stunde nicht auf, dafür näherten sich aber zwei Mechaniker meinem Auto, anscheinend mit der Absicht, es in die Halle zu bewegen.

Zu ihrer Überraschung, sprang der Sharan gar nicht an. Ich weiß nicht, ob bis dahin noch niemand auch nur einen Auftrag dafür angelegt hatte, diese beiden hatten jedenfalls keinerlei Plan, was damit sein könnte. Nachdem sie ihn dreimal fremdgestartet hatten, ging er immer noch dauernd  aus, also wurde entschieden, erstmal die Batterie durchzuladen. Ein ‚Foreman‘, Service-Berater oder was auch immer,  hatte sich immer noch nicht blicken lassen, und mir wurde das langsam zu blöd, also ließ ich sie gewähren und machte mich zu Fuß auf den Weg zum Bolt-Centre, um die fehlenden Unterlegscheiben für das Fensterprojekt zu erstehen. Und selbstverständlich würden sie mir sofort Bescheid geben, wenn mein Auto es denn irgendwann in die Werkstatt schaffen sollte und vielleicht irgendwer mal eine grobe Schätzung abgeben könne, was diese ungemein komplizierte Reparatur wohl kosten mag …

Ganz  ehrlich, das ist ein Laden mit (geschätzt) rund 40 Mitarbeitern. Und die schaffen es in drei Arbeitstagen nicht, einen Keilrippenriemen zu wechseln und eine Lichtmaschine festzuschrauben, oder mir wenigstens mitzuteilen, daß sie den Fehler gefunden haben?? Da stellen sich mir als ehemaligem VW-Menschen doch echt die Nackenhaare auf. :help:

Wo ich nun eh schon so gute Laune hatte, habe ich dann auf dem Rückweg gleich noch Daniel einen (ziemlich kurzen) Besuch abgestattet. Wir erinnern uns: Daniel, das war der Typ, der mir Anfang 2020 einen kompletten Satz ordentlich gearbeitete Cockpitpolster angefertigt hatte, günstig  war, und sogar eine Woche schneller fertig als vereinbart. Und der von mir deswegen direkt  im Anschluß daran den Auftrag erhalten hatte, gleich noch ein paar Seiten- und ein Heckteil für das Cockpit zu bauen. Quasi eine Kuchenbude mit festem Dach. Mit Fenstern, Sonnenschutz und Mosquito-Netzen.

Das war vor gut einem Jahr. Irgendwann habe ich ihm die Hälfte des Betrages vorgeschossen, damit er das Material kaufen konnte, und seither ist die ganze Sache ein wenig zäh und festgefahren. Diverse Male war er hier, hat gemessen, Muster vorgezeigt, wieder gemessen, und letzte Woche hatte er immerhin sowas wie einen groben Umriß eines Seitenteils mit per Kreidestrichen markierten Fenster-Ausschnitten auf dem Tisch liegen. Das war aber auch schon alles. Am Freitag sah das noch exakt genauso aus, wie eine Woche vorher schon, und schließlich ist mir der Kragen geplatzt, und ich habe ihm ein Ultimatum gestellt, entweder bis nächsten Freitag fertig zu sein oder meine Vorauszahlung zurückzuerstatten. Da ich sicher bin, daß er die Kohle nicht flüssig hat, hilft ihm das womöglich ein wenig auf die Sprünge. Ansonsten nehme ich ihm das Material ab und kaufe doch noch eine gebrauchte Industrie-Nähmaschine …