Endzeitstimmung

Das Ende ist nah! Zumindest das des hiesigen Sommers. Und das  des Corona-Lockdowns hierzulande, der nach unglaublichen 730 Tagen letzte Woche tatsächlich offiziell für beendet erklärt wurde.

Seit vier Tagen sind  die Temperaturen auf unter oder nur noch knapp um die 20°C gefallen und genausolange regnet es auch schon. Mal mehr, mal weniger, aber ohne nennenswerte Unterbrechung. Derzeit gallert es aus allen Rohren und der Blick aus den Fenstern sieht aus wie durch einen Wasserfall. Vorgestern haben wir die Klimaanlage gegen den Heizlüfter getauscht und auch den  Heizteppich wieder reaktiviert. DerAufenthalt  im Cockpit ist, trotz Kuchenbude, eine eher feucht-klamme Angelegenheit und  macht nicht  wirklich Spaß,  Da soll man nun nicht trübsinnig werden …

Bis  Donnerstag letzter Woche waren noch um die 30°C und Sonnenschein, und Montag blitzte ganz kurz die Hoffnung auf, daß wir  in absehbarer Zeit womöglich endlich die Leinen loswerfen könnten, da waren nämlich zumindest Motor und Getriebe schon wieder an ihrem Platz und Thelxinoe stand erneut für eine Spring-Tide an Land, um nur noch mal eben den Antrieb wieder anzuschrauben.

Eigentlich hätte das bereits vorletzten Freitag passieren sollen, allerdings stellte sich beim vorab stattfindenden Zusammenbau von Motor und neuer Getriebeglocke heraus, daß die in dem neu gefertigten Getriebe-Adapter sitzende Welle vorn leider um fünfzig Milimeter zu kurz war, um überhaupt brauchbar in die Verzahnung im Motorschwungrad zu passen.

Woraufhin sie die Glocke wieder mitnahmen und einen  passenden Adapter mit Innen- und Außenverzahnung anfertigten.

Wellen-Adapter

Soweit, so grün. Der Kram wurde Freitag dann tatsächlich wieder zusammengebaut und Montag ging es erneut bei Flut auf die Sliprampe, um den Antrieb anzubringen. Durch all das Chaos, das sogenannte Boots-Handwerker in den letzten Jahren hier so verzapft haben, hätte ich eigentlich gewarnt sein müssen, aber ich gebe zu, ich hatte für kurze Zeit die Hoffnung, daß das diesmal nun aber wirklich klappt.

Tat es nicht. Die Welle, die vorn zu kurz war, ist hinten zu lang, so daß sich das Kreuzgelenk gar nicht weit genug aufschieben, und somit der Antrieb nicht an die Spiegelplatte schrauben läßt. Also entweder haben sie  das „Restgetriebe“ in dem diese Welle sitzt bei der durchgeführten „aus zwei mach eins“-Aktion schlicht zu lang abgeschnitten und angebraten und es sitzt relativ gesehen zu weit hinten, oder irgendwer hat sich bei der ebenfalls neu angefertigten Welle drastisch vermessen, was ich für das wahrscheinlichere halte. Wie auch immer, allmählich gehen die mir hier doch alle inzwischen mächtig auf den Zwirn. Was ein Haufen Pappnasen. Wieso habe ich eigentlich keine Drehbank an Bord?

Zu allem Überdruß kam auch noch eine weitere unwillkommene Erkenntnis über den Aufbau dieses Bootes dazu, nachdem der Kahn wieder Wasser statt Beton unter den Kielen hatte:

Ganz offensichtlich ist diese Konstruktion nicht wirklich dafür ausgelegt, auf hartem Untergrund zu stehen. Das Problem mit den leckenden Wassertanks hatte ich ja früher schon mal, nachdem das Boot jahrelang an Land gestanden hatte und dann 2020 wieder ins Wasser kam. Jetzt, nachdem ich nach dem nächsten Auffüllen auf einmal Frischwasser in der vorderen Backbordbilge fand, wo bislang noch nie welches hingekommen war, ergab die fototechnische Untersuchung folgendes Bild:

vordere Backbord-Bilge

Die senkrechte Wand ist die Vorderwand des Tanks, ein simples, starr einlaminiertes dickes Holzbrett als Schott. Wenn ich mal ganz stumpf mutmaßen sollte würde ich sagen, die Kielsohle gibt beim Rumstehen der immerhin 7.5to auf festem Untergrund gerade genug nach,  um dieses Schott soweit anzuheben, daß irgendwann das Laminat bricht und ein Riß bleibt, sobald das Ganze im Wasser wieder entlastet ist. Die Chose in ein sattes Sikaflex-Bett zu stellen um die ganze Sache etwas flexibel zu halten, hätte vielleicht mehr Sinn gemacht, wenn man schon die Kiel-Innenseite selbst als Tank gestaltet, anstatt eine Tankblase o.ä. zu verbauen.

Natürlich kommt man auch da nicht so ohne weiteres hin, um das Problem zu lösen. Zugang gibt es nur durch eine mickrige Luke, durch die ich auf dem Bauch liegend mit den Fingerspitzen die Tankwand gerade soeben nicht erreichen kann.

Und da es eh wenig Sinn macht, das nur von außen abzudichten, werde ich wohl auch hier ein passend großes Loch in meinen Holzfußboden und die Tankoberseite sägen müssen, um da ranzukommen und es irgendwie wieder dicht zu kriegen. Hurra …

Momentan haben wir somit nur noch einen funktionalen Tank und zusammen mit Kanistern und Flaschen rund 360L Frischwasser. Naja, andere haben damit ganze Ozeane überquert…

Angesichts der aktuellen Wetterlage bleiben wir derzeit tunlichst an Bord. Die Bringdienste wie z.B. UberEats fahren zwar auch bei Regen mit ihren Deliverybikes rum, aber auch dafür müßte einer von uns bis zum Gate laufen, also kochen wir meist selbst. Letzte Woche hatte ich einen kleinen asiatischen Gewürzshop in einer der Malls entdeckt und siehe da, nebst vielen anderen interessanten Sachen hatten die sogar Thai-Curry-Paste, die ich in den letzten paar Jahren durchaus vermißt habe.

Rotes Thai-Curry mit Huhn (und völlig stilloser Weise auch Bratkartoffeln :-)

Wie geht das nun weiter hier? Ich hoffe, daß sich die leidige Antriebs-Sache bis Ende nächster Woche endlich erledigt hat und der Kahn wieder fahrbereit ist. Egal wie das ausgeht: Für die Atlantik-Überquerung sind wir ohnehin zu spät dran. Ich will nicht Anfangs oder mitten in der Hurricane-Saison in der Karibik ankommen, das macht keinen Sinn. Da ich andererseits auch nicht gewillt bin, hier länger als unbedingt nötig umgerechnet 850€ pro Monat nur für den Liegeplatz abzudrücken und die ursprünglich mal als Etappenziel auserkorene Kapgegend im Winter meist ungefähr 10 Grad kälter ist als KwaZuluNatal und Schnee am Kap nicht ungewöhnlich, werden wir wohl nach Richards Bay zurücksegeln, Thelxinoe eine Weile einmotten, und für ein paar Monate über den hiesigen Winter nach Deutschland fliegen.

Mein  Mopped ist ja angeblich repariert und zuverlässig fahrbar, und da ich nicht annehme, daß in meiner Abwesenheit irgendwer meine Küche fertig aufgebaut oder den Badezimmerfußboden repariert hat, wird mir wohl auch nicht langweilig werden. Südafrika steht nicht mehr auf der bundesdeutschen Liste der Hochrisiko-Gebiete, und da wir beide geimpft und geboostert sind, sollte Corona wohl kein ernsthaftes Reiserisiko mehr darstellen. Nicht mal Quarantäne ist noch erforderlich, habe ich vorhin gelesen. Bleibt eigentlich nur zu hoffen, daß die Neu-Zaristischen Expansionsbestrebungen bis dahin ebenfalls beendet wurden und nicht noch weiter eskalieren.

Titelbild: Es gibt hier tatsächlich grüne Miesmuscheln. Ich dachte erst, irgendwer hätte sie vielleicht mit Farbe bekleet, aber sie leben und sind tatsächlich knallgrün.